Nach der titelbringenden Gala-Vorstellung gegen Werder Bremen flossen in Leverkusen zahlreiche Kaltgetränke, was im Viertelfinal-Rückspiel bei West Ham United deutlich zu spüren, aber sicherlich nicht der Hauptgrund für eine der schwächsten Halbzeiten in dieser Saison war. Xabi Alonso hatte seine Startelf auf sechs Positionen verändert, seine Grundausrichtung in ein 4-2-3-1 angepasst. Neben Wirtz waren unter anderem auch Schick und Palacios neu dabei, Stanisic verteidigte hinten rechts.
Durch den 2:0-Sieg im Hinspiel vor heimischer Kulisse war Leverkusen leicht komfortabel im Vorteil, diesmal konnten die "Hammers" aber auf ihren Top-Scorer Bowen setzen. Der Engländer war einer von vier Neuen in der Startelf im Vergleich zum ernüchternden 0:2 gegen den FC Fulham, seine Präsenz war von Beginn an zu spüren. Die "Hammers" liefen Leverkusen in höchster Intensität an, der frisch gekürte Deutsche Meister zeigte sich beeindruckt.
Europa-League-Viertelfinale, Rückspiele
Allen voran Kossounou, der sich einige Fehlpässe im Spielaufbau leistete und nach fünf Minuten für ein Foul an Ward-Prowse bereits Gelb sah. Die Werkself konnte zu keinem Zeitpunkt das eigene Positionsspiel aufziehen, weil zum einen die Wucht in den Zweikämpfen fehlte, und zum anderen die Passqualität unzureichend war. Den ersten gefährlichen Abschluss verbuchte dennoch Leverkusen, Tella prüfte Fabianski aus der Distanz (11.).
Rudelbildungen auf und neben dem Platz
Das war jedoch das Einzige, was Bayer 04 im ersten Durchgang offensiv anbot - fortan drückte nur noch West Ham. Nach 13 Minuten schmolz der Vorsprung aus dem Hinspiel bereits, Antonio traf nach Flanke von Bowen per Kopf zum 1:0 für die Londoner. Kossounou leitete den Gegentreffer mit einem Fehlpass ein, wurde nach knapp einer halben Stunde ausgewechselte (29.). Auch Kovar hatte am Gegentreffer seine Aktien, der Tscheche kam bei seinem Klärungsversuch zu spät.
Anschließend verhinderte der Schlussmann jedoch einen zweiten Gegentreffer, Kudus, Antonio und Bowen fanden im Bayer-Keeper ihren Meister (19., 22., 25.). Die Stimmung im London Stadium war aufgeheizt, nach einer halben Stunde gerieten sowohl beide Bänke als auch Tah und Antonio aneinander, was eine Rudelbildung auslöste. Co-Trainer von West Ham und Leverkusen sahen die Rote Karte, die beiden Streithähne auf dem Platz nur Gelb.
West Ham gehen die Kräfte aus
Im restlichen ersten Durchgang versuchte Leverkusen verzweifelt, Zugriff aufs Spiel zu kriegen. West Ham hielt die Intensität dauerhaft hoch, schnürte die Werkself phasenweise ein, verpasste aber das 2:0. In Hälfte zwei startete Bayer 04 somit noch mit einem knappen Vorsprung - und zwei frischen Kräften. Boniface kam für Schick, Frimpong für Tella.
Prompt wurde das Spiel der Gäste besser. Boniface sorgte für Präsenz in den Zweikämpfen und so für Entlastung. Auf der rechten Seite kam Frimpong immer wieder in aussichtsreiche Positionen, bereitete mit einer Flanke in Minute 51 eine Chance für Wirtz vor. Mehr und mehr übernahm Leverkusen auch die Spielkontrolle, weil West Ham nun für das hohe Tempo aus dem ersten Durchgang Tribut zollte. Gefährlich wurden die Londoner nur noch, wenn Leverkusen Fehler machte. Bowen klaute den Ball im Strafraum von Hincapie, fand mit seinem flachen Querpass aber keinen Abnehmer (60.).
Frimpong erst kläglich, dann glücklich
Bei West Ham schwanden mehr und mehr die Kräfte, nun hatte Leverkusen auch die gewohnten Ballbesitzphasen in der gegnerischen Hälfte. Klare Chancen waren jedoch Mangelware, ein Flankentorschuss von Frimpong war lange Zeit die gefährlichste Aktion (66.). Der Niederländer war es auch, der nach 83 Minuten Leverkusen hätte vorzeitig ins Halbfinale befördern können, doch alleine vor Fabianski zeigte Frimpong Nerven und schoss kläglich drüber.
Das blieb jedoch ohne Folgen, sechs Minuten später bekam Frimpong sogar erneut die Chance - und machte es diesmal besser: Im Strafraum verzögerte der Leverkusener lange, zog mit links ab und hatte Glück, dass Cresswell seinen Schuss entscheidend abfälschte. Der Ausgleich war gleichzeitig der Endstand, West Ham hatte nichts mehr entgegenzusetzen. Der Einzug ins Halbfinale war somit perfekt, dort trifft Leverkusen nun - wie schon im Vorjahr - auf die AS Rom.
Zudem bleibt die Ungeschlagen-Serie am Leben, mittlerweile ist Leverkusen seit 44 Spielen ohne Niederlage. Ein neuer Rekord in den europäischen Top-5-Ligen, den zuvor Juventus Turin mit 43 Partien innehatte.
Für beide Mannschaften geht es am Sonntag in den heimischen Ligen weiter. West Ham United tritt um 16 Uhr bei Crystal Palace an, der neue Deutsche Meister ist um 17.30 Uhr (LIVE! bei kicker) bei Borussia Dortmund zu Gast.